Zum Fettsein verdammt
Hallo liebe Lesergemeinde. Mit allerschlechtestem Gewissen melde ich mich zurueck. Zurueck aus Deutschland. Die Japaner scheinen Interesse daran zu haben, dass wir diesen Blog schreiben, denn beinahe freiwillig liefern sie mir jede Menge Geschichten, die es Wert sind, in die Welt hinaus getragen zu werden. So auch heute:
Ich habe nicht das neue Jahr mit guten Vorsaetzen begonnen, sondern auch mein 2. Jahr in Japan. Die Ziele waren schnell definiert: 1. Motorradfuehrerschein machen (darueber berichte ich in einem extra Blog) 2. Golf spielen lernen 3. Fit werden und Abnehmen im Fitnessstudio.
Die Japanunerfahrenen unter uns werden jetzt vermuten, dass mir die Anmeldung zum Fuehrerschein Schwierigkeiten bereitet hat - weit gefehlt. Es ist auch nicht der Golfkurs, der mit Kopfzerbrechen bereitet. Nein, es ist das Fitnessstudio (ach die lieben Japaner, die geben sich ja so Muehe, damit mir das Schmunzeln niemals vergeht...):
Heute war ich, mit meinen wirklich sehr geschaetzten Nachbarn (die haben mir einen Geburtstagskuchen gebracht :-)), in dem von uns ausgewaehlten Fitnessstudio. Eine tolle Anlage - nagelneu, mit Hallenbad und Spa!! Wir hatten uns bereits entschlossen. Wir wollten uns genau dort anmelden und dann regelmaessig, 3 Mal in der Woche trainieren. Naiv wie ich bin, dachte ich, dass das kein Problem sein duerfte, schliesslich war ich ja mit Hanko, Reisepass und Dolmetscher bewaffnet bestens vorbereitet. Ich lebe aber wohl noch nicht lange genug in Japan, als dass ich auf alle Eventualitaeten vorbereitet waere.
Ich hatte naemlich nicht bedacht, dass ich ja eine Gefahr fuer die Allgemeinheit darstelle - also gemeingefaehrlich bin. Ich wusste nicht, dass sich die gesamte japanische Nation vor Typen wie mir fuerchtet. Mir war entgangen, dass ich nicht tragbar bin, da ich so ja so furchterregend ausschaue - ja gar entstellt bin. Ich wusste nicht, dass Kinder durch meinen Anblick ein Trauma erleben koennen. Mir war auch entgangen, dass ich meinen Beruf gewechselt hatte und nun bei der einheimischen Yakuza meinen Unterhalt verdiene. Ich hatte einfach vergessen, dass ich taetowiert bin. Naja, sehr ausgepraegt ist mein Tattoo nicht - so 4x6 cm. Es ist ein Salamander, den ich auf dem Schulterblatt trage. Eine Taetowierung, fuer die ich in jedem Hobbyrockerclub der Welt am Wochenende eine Tracht Pruegel beziehen wuerde und mit der man mir das Aufnahmeformular zu den Hells Angels wohl oral einfuehren wuerde. Eine Tattoo, bei der Kinder ins Schmunzeln geraten, weil sie so niedlich ist. Aber ich wohne ja in Japan und in Japan ist so eine Taetowierung gefaehrlich:
Hiromi (das ist die nette Frau meines Nachbarn):" Bist Du taetowiert?"
"Ja, an der Schulter" antworte ich. "Da steht, dass man keine Taetowierungen haben darf" gibt mir Hiromi zu bedenken und ergaenzt "sollen wir das sagen?". "JA" antworte ich " nicht, dass denen dann die Augen rausfallen, wenn ich im Schwimmbad meine Bahnen ziehe - ausserdem ist das wegen der Yakuza. Und ich hab ja nur ein kleines Tattoo. Das macht bestimmt nix aus, ich bin ja Auslaender".
Ich werde mir fuer die Zukunft merken:
1. Stell Dich dumm, denn nur dumme Auslaender haben Narrenfreiheit
2. Sag nicht unbedingt immer die Wahrheit (siehe spaeter auch meinen Fuehrerscheinblog)
3. Wenn Du was nicht lesen kannst, dann freu Dich drueber und hole niemals jemanden dazu, der die Sprache perfekt kann!!
Hiromi nimmt sich der Sache an und fragt die Dame, die fuer die Anmeldungen zustaendig ist, ob es ein Problem sei, wenn ich als Auslaender ein kleines Tattoo habe. "JA" antwortet die Dame " Tattoo geht nicht". Hiromi appelliert nun an die Vernunft und an die Moeglichkeit zwischen Gangster-Kennmarke und deutscher Jugendsuende zu unterscheiden. Die junge Rezeptionsdame kann solch eine schwerwiegende Grundsatzentscheidung natuerlich nicht treffen und holt Ihre Managerin zur Hilfe. Die anschliessende Disskussion - wir wissen ja was es bringt mit Japanern zu diskutieren, die gerade eine Regel strikt befolgen (ich erinnere an den July 2006 und unsere Topfpflanze) - war nicht sonderlich von Erfolg gekroent. Selbst der Hinweis von Hiromi, dass das diskriminierend sei, wenn wir Auslaender nicht aufgenommen wuerden hat die Dame nicht sonderlich beeindruckt, denn schliesslich ist der Sachverhalt ja so:
"In Europa sind Tattoos Fashion. In Japan aber macht man sich Tattoos, um einer bestimmten Gruppe Menschen anzuschliessen (mir faellt gerade auf wie viele 18 Jaehrige es in der Yakuza geben muss, denn in der S-Bahn sehe ich staendig taetowierte Japaner. Oder es ist in dem Fitnesstudio noch nicht angekommen, dass mittlerweile auch in Japan das Tattoo zur Fashion zaehlt). Es sei schliesslich nicht an der Groesse des Tattoos zu unterscheiden, welcher Gesinnung man folgt und man moechte keinesfalls solche Zwielichter im Studio haben."
Wir haben darauf verzichtet den Chef zu holen. Wir haben auch darauf verzichtet zu erklaeren, dass man es vielleicht nicht an der Groesse des Tattoos unterscheiden kann, wohl aber am Motiv (oder hat von Euch schonmal einer einen boesen Mafiaboss mit einer Salamandertattoo am Schulterblatt gesehen?). Wir haetten auch sagen koennen, dass man es vielleicht an meinem Gesicht erkennen kann, denn asiatisch sehe ich noch nicht aus und mir waere in der Geschichte der Mafia in Japan kein Europaeisches Oberhaupt bekannt. Aber wir hatten keine Lust mehr. Wir wollten auch nicht erklaeren, dass ich kein Japanisch spreche (sonst haette sich Hiromi nicht bemuehen muessen) und schon deshalb als Yakuza Boss ausscheide. Waere ziemlich ineffektiv, kurz bevor ich meinen aergsten Widersacher Matsumoto-san erschiesse erst mal beim Nippon-Eigo Dolmetscherservice anzurufen!!
Es half nichts - wir sind frustriert abgezogen und mein Nachbar und ich haben nun die beste Ausrede, fett zu bleiben. Ich weiss nun wieder, weshalb ich niemals dauerhaft in Japan leben werde und warum Deutschland so schoen ist. Danke liebes Fitnessstudio fuer diese Erkenntnis!
MR
Ich habe nicht das neue Jahr mit guten Vorsaetzen begonnen, sondern auch mein 2. Jahr in Japan. Die Ziele waren schnell definiert: 1. Motorradfuehrerschein machen (darueber berichte ich in einem extra Blog) 2. Golf spielen lernen 3. Fit werden und Abnehmen im Fitnessstudio.
Die Japanunerfahrenen unter uns werden jetzt vermuten, dass mir die Anmeldung zum Fuehrerschein Schwierigkeiten bereitet hat - weit gefehlt. Es ist auch nicht der Golfkurs, der mit Kopfzerbrechen bereitet. Nein, es ist das Fitnessstudio (ach die lieben Japaner, die geben sich ja so Muehe, damit mir das Schmunzeln niemals vergeht...):
Heute war ich, mit meinen wirklich sehr geschaetzten Nachbarn (die haben mir einen Geburtstagskuchen gebracht :-)), in dem von uns ausgewaehlten Fitnessstudio. Eine tolle Anlage - nagelneu, mit Hallenbad und Spa!! Wir hatten uns bereits entschlossen. Wir wollten uns genau dort anmelden und dann regelmaessig, 3 Mal in der Woche trainieren. Naiv wie ich bin, dachte ich, dass das kein Problem sein duerfte, schliesslich war ich ja mit Hanko, Reisepass und Dolmetscher bewaffnet bestens vorbereitet. Ich lebe aber wohl noch nicht lange genug in Japan, als dass ich auf alle Eventualitaeten vorbereitet waere.
Ich hatte naemlich nicht bedacht, dass ich ja eine Gefahr fuer die Allgemeinheit darstelle - also gemeingefaehrlich bin. Ich wusste nicht, dass sich die gesamte japanische Nation vor Typen wie mir fuerchtet. Mir war entgangen, dass ich nicht tragbar bin, da ich so ja so furchterregend ausschaue - ja gar entstellt bin. Ich wusste nicht, dass Kinder durch meinen Anblick ein Trauma erleben koennen. Mir war auch entgangen, dass ich meinen Beruf gewechselt hatte und nun bei der einheimischen Yakuza meinen Unterhalt verdiene. Ich hatte einfach vergessen, dass ich taetowiert bin. Naja, sehr ausgepraegt ist mein Tattoo nicht - so 4x6 cm. Es ist ein Salamander, den ich auf dem Schulterblatt trage. Eine Taetowierung, fuer die ich in jedem Hobbyrockerclub der Welt am Wochenende eine Tracht Pruegel beziehen wuerde und mit der man mir das Aufnahmeformular zu den Hells Angels wohl oral einfuehren wuerde. Eine Tattoo, bei der Kinder ins Schmunzeln geraten, weil sie so niedlich ist. Aber ich wohne ja in Japan und in Japan ist so eine Taetowierung gefaehrlich:
Hiromi (das ist die nette Frau meines Nachbarn):" Bist Du taetowiert?"
"Ja, an der Schulter" antworte ich. "Da steht, dass man keine Taetowierungen haben darf" gibt mir Hiromi zu bedenken und ergaenzt "sollen wir das sagen?". "JA" antworte ich " nicht, dass denen dann die Augen rausfallen, wenn ich im Schwimmbad meine Bahnen ziehe - ausserdem ist das wegen der Yakuza. Und ich hab ja nur ein kleines Tattoo. Das macht bestimmt nix aus, ich bin ja Auslaender".
Ich werde mir fuer die Zukunft merken:
1. Stell Dich dumm, denn nur dumme Auslaender haben Narrenfreiheit
2. Sag nicht unbedingt immer die Wahrheit (siehe spaeter auch meinen Fuehrerscheinblog)
3. Wenn Du was nicht lesen kannst, dann freu Dich drueber und hole niemals jemanden dazu, der die Sprache perfekt kann!!
Hiromi nimmt sich der Sache an und fragt die Dame, die fuer die Anmeldungen zustaendig ist, ob es ein Problem sei, wenn ich als Auslaender ein kleines Tattoo habe. "JA" antwortet die Dame " Tattoo geht nicht". Hiromi appelliert nun an die Vernunft und an die Moeglichkeit zwischen Gangster-Kennmarke und deutscher Jugendsuende zu unterscheiden. Die junge Rezeptionsdame kann solch eine schwerwiegende Grundsatzentscheidung natuerlich nicht treffen und holt Ihre Managerin zur Hilfe. Die anschliessende Disskussion - wir wissen ja was es bringt mit Japanern zu diskutieren, die gerade eine Regel strikt befolgen (ich erinnere an den July 2006 und unsere Topfpflanze) - war nicht sonderlich von Erfolg gekroent. Selbst der Hinweis von Hiromi, dass das diskriminierend sei, wenn wir Auslaender nicht aufgenommen wuerden hat die Dame nicht sonderlich beeindruckt, denn schliesslich ist der Sachverhalt ja so:
"In Europa sind Tattoos Fashion. In Japan aber macht man sich Tattoos, um einer bestimmten Gruppe Menschen anzuschliessen (mir faellt gerade auf wie viele 18 Jaehrige es in der Yakuza geben muss, denn in der S-Bahn sehe ich staendig taetowierte Japaner. Oder es ist in dem Fitnesstudio noch nicht angekommen, dass mittlerweile auch in Japan das Tattoo zur Fashion zaehlt). Es sei schliesslich nicht an der Groesse des Tattoos zu unterscheiden, welcher Gesinnung man folgt und man moechte keinesfalls solche Zwielichter im Studio haben."
Wir haben darauf verzichtet den Chef zu holen. Wir haben auch darauf verzichtet zu erklaeren, dass man es vielleicht nicht an der Groesse des Tattoos unterscheiden kann, wohl aber am Motiv (oder hat von Euch schonmal einer einen boesen Mafiaboss mit einer Salamandertattoo am Schulterblatt gesehen?). Wir haetten auch sagen koennen, dass man es vielleicht an meinem Gesicht erkennen kann, denn asiatisch sehe ich noch nicht aus und mir waere in der Geschichte der Mafia in Japan kein Europaeisches Oberhaupt bekannt. Aber wir hatten keine Lust mehr. Wir wollten auch nicht erklaeren, dass ich kein Japanisch spreche (sonst haette sich Hiromi nicht bemuehen muessen) und schon deshalb als Yakuza Boss ausscheide. Waere ziemlich ineffektiv, kurz bevor ich meinen aergsten Widersacher Matsumoto-san erschiesse erst mal beim Nippon-Eigo Dolmetscherservice anzurufen!!
Es half nichts - wir sind frustriert abgezogen und mein Nachbar und ich haben nun die beste Ausrede, fett zu bleiben. Ich weiss nun wieder, weshalb ich niemals dauerhaft in Japan leben werde und warum Deutschland so schoen ist. Danke liebes Fitnessstudio fuer diese Erkenntnis!
MR
7 Comments:
ich dachte schon, hier passiert nix mehr ^^
aber das mit dem tattoo is wieder typisch japanisch.. wenn du deinen ganzen rücken jetzt mit drachen, tigern oder kois bepinselt hättest, du etwas kleiner und vorallem asiate wärst, wäre das ja noch verständlich gewesen.. aber ein kleiner salamander? "oh nein! da kommt salamander-san! wir sind verloren!" ;)
du könntest natürlich auch jedes mal beim studio-besuch einen schulterverband anlegen oder das tattoo sonstig verdecken.. beim schwimmen einen einteiler tragen.. schon sieht man nix mehr ^^
grüße nach japan,
jörg
Schön, dass du (ihr) wieder da bist (seid), die Geschichten sind immer sehr interessant und witzig. -
Saramanda-san: finde ich auch gut. Wahrscheinlich ist es aber auch so, dass der Salamander ein Tier ist, das Böses verheißt. Hast du mal in der Mythologie nachgesehen?
Georg
Den Schulterverband in Form eines Pflasters hatte ich vorgeschlagen - ebenfalls ohne Erfolg. Waere auch zuviel verlangt, dass eine Regel interpreiert werden soll. Da ist striktes Anwenden viel einfacher. Und es ist ja nur ein Gaijin, den man da veraergert. Das Foermliche "Gomenasai" (Entschuldigung) hat die Dame uns aber noch hinterhergerufen, als wir alle sichtlich frustriert abgezogen sind.
ICh frage mich gerade, was gewesen waere, wenn meine Tattoo die Biene Maja darstellen wuerde...
ich dachte immer gerade weil man gaijin is, hat mans etwas leichter mit regeln in japan.. aber manche regeln scheinen einfach zu wichtig zu sein, als dass man sie nur für dumme gaijins lockern könnte ^^
aber btw mal etwas vom thema ab.. haben die heute bei uns in deutschland im radio auf einslive gesagt.. in japan soll ein motorradfahrer in ne leitplanke gebrettert sein und ist dann noch weitergefahren.. nach 2 1/2 km soll er dann gemerkt haben, dass sein kompletter unterschenkel abgetrennt ist.. schmerzfreies volk die japaner.. aber bei den gameschows die die haben kein wunder *nebenbei mal wieder ne millionste takeshi's castle-widerholung schau* ^^
Schön das du wieder in Japan bist, du wertest meinen langweiligen Arbeitstag um ein vielfaches auf !!
Ich freu mich schon auf deine zukünftigen Erlebnisse in Japan.
Da ich nicht weiss, wer hinter dem Namen "sowasaberauch" steckt, klaere ich auf:
MR steht fuer Markus Roesch
also ist nicht Uli zurueck aus Deutschland, sondern Markus...
Nachträglich noch alles Gute zu Deinem Geburtstag..(auch wenn es viel zu spät kommen sollte ; ))
LG
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