Was macht man in Japan am Wochenende? Was macht Mann in Japan am Wochenende??
Der Leser, der unsere Entwicklung bereits seit Juni verfolgt mag jetzt sagen: Akihabara - Yodobashi, Geld ausgeben und Maennersachen kaufen.
Es stimmt, das ist eine sehr verlockende Freizeitbeschaeftigung. Allerdings bin ich zu lange in Japan, als dass ich:
1. dieses Hobby ueber 9 Monate finanzieren koennte
2. die Hersteller der Elektroartikel so kreativ sein koennen, als dass Sie mich jedes WE aufs neue ueberraschen koennten
3. meine Frau da mitspielt
4. ich zu einem Akiboy werden moechte (Akiboy = Jungs, die 2 Sachen in Ihrem Leben machen: Video spielen und in Akihabara einkaufen. Frauen kennen Sie nur aus Mangas oder Zeitschriften. Kommunikation der verbalen Art ist Ihnen fremd. Aki steht fuer Akihabara :-))
Ich waere aber kein echter Mann, wuerde mir nicht eine neue Beschaeftigung einfallen. Und da es in meiner Nachbarschaft Maenner gibt, die ebenfalls genug des Hormons Testosteron in sich haben, wurde ich am Samstag in die neue Welt der Maennlichkeit eingefuehrt:
Mini Racer sind ferngesteuerte Fahrzeuge, die es fuer wirklich ertraegliches Geld in - na wo schon - Akihabara zu kaufen gibt. Maechtig Leistung, echte Tuningteile, unendlich viele Karosserien und ertraegliche Ersatzteilkosten (das kommt dem ungeuebten Fahrer sehr entgegen). Genau deshalb ist dieses Hobby fuer einen Mann wie mich geschaffen. Samstag morgen war es also so weit und mein netter Nachbar Herr Eesmann (das Deutscheste was man sich nur vorstellen kann: blond, blauaeugig und gross) hat mich mit seinem Racer mit auf die Rennstrecke genommen. Ein Feeling wie auf der Kartbahn. Da wird geschraubt, getunt, verbessert. Die Aufenthaltszeit in der Box ist deutlich groesser als die auf der Rennstrecke und jeder gibt sein Bestes um den Eindruck zu erwecken, man sei absoluter Fachmann. Da wird am Fahrwerk verbessert, ueber die richtige Servolenkung gesprochen, Kleber auf die Reifen aufgebracht um den Grip zu verbessern, das Fahrwerk verstellt, ein neuer Motor eingebaut, ueber die richtige Reifenmischung geredet und ja, sogar die Reifen warmgefahren (gesehen bei einem Formel1 Flitzer, der erst ein paar Kreisel gedreht hat, bevor es losging)!! Wenn die Stars der Rennstrecke zur Jungfernfahrt antreten staunen alle und man bekommt ein :"Lis car is vely fast" ins Ohr gehaucht.
Natuerlich wollten und konnten auch wir uns keine Bloesse geben und haben schnell verstanden, auf welche Punkte es hier ankommt:
1. Sehr wichtig am Fahrzeug rumschrauben
2. Das Fahrzeug nicht zu lange bewegen, denn dann faellt es auf, dass man langsam ist
3. Beim Fahren einen sehr angespannten Gesichtsausdruck machen - siehe Bild 1
4. Regelmaessig mit vollem Tempo in die Barriere rauschen, denn nur wer einen Schaden am Fahrzeug verursacht hat war auch wirklich am physikalischen Limit
5. Immer wieder mit dem Nachbarn ueber die richtige Strategie philosophieren
6. Steif und fest behaupten, man sei auch noch nach 4 Stunden beim Reifenwarmfahren
7. Viele englische Ausdruecke verwenden wie z.B. Power (jap. Pawa), Grip (jap. Guripu), Slip (jap. Sulipu), turn in (jap. taan in), drive train (jap. doraifu torain)
8. die richtigen Fotos schiessen
Punkt 8 ist der schwierigste Punkt. Denn es muss einem gelingen, das eigene und damit das langsamste Fahrzeug so ins Bild zu ruecken, dass es ausieht, als wuerden alle anderen es behindern. Dazu muss man in dem Moment abdruecken, wenn das eigene Fahrzeug ueberholt wurde. Aber nicht zu spaet, sondern genau dann, wenn es so aussieht, als wuerde man selbst zum Ueberholen ansetzen - dank meiner neuen Fotoausruestung ist mir das gut gelungen :-)) - siehe Bild 2 (rotes Auto = unser Auto)
Wichtig sind auch noch Bilder mit Kampfspuren am Fahrzeug - Bild 3. Die muessen natuerlich vorne sein, so dass man behaupten kann,man haette nicht mehr bremsen koennen, als die langsamen Gegner urploetzlich im Weg standen. Dass die Kratzer von der Streckenbegrenzung kommen, in die man reingerauscht ist, weil man viel zu spaet gelenkt hat, muss ja nemand wissen.
Ganz am Schluss, wenn man auch noch vom letzten Schleicher ueberholt wird, faehrt man an die Box, schuettelt unglaeubig mit dem Kopf, sagt in bestem Japanisch zuerst "Scheissakku" dann "Sayonara" und geht nach Hause. Ein perfekter Tag und ein neues Hobby fur mich.
MR