Friday, March 30, 2007

Schul-Hanami

Da diese Woche die letzte Woche des ersten Schulsemesters ist, durften wir einen Tag lang machen, was das Herz begehrt... Es durfte halt nichts Illegales oder Anstössiges sein... Man kam also schnell von der Idee, endlich mal einen Gebrauchte-Höschenautomaten zu finden, ab und wandte sich anderen Themen zu... (Jeder kennt sie, aber keiner hat jemals einen gesehen...pah...).

Die Klasse entschied sich daraufhin, zusammen feierlich die Kirschblütenschau zu begehen. Jeder war angehalten, zur Nahrungsaufnahme beizutragen und man traf sich natürlich am Hachiko in Shibuya um von dort aus gen Yoyogi-Park zu gondeln da der Ueno-Park anscheinend schon hoffnungslos überfüllt war.


Im Park angekommen, wurden die blauen Plastikdecken ausgebreitet und ein - für verfressene Menschen wie mich - sehr ansprechendes Picknick ausgebreitet.


























Unser Schwede hatte allerdings andere Pläne und breitete 2 Flaschen hoch-
prozen-
tigen Rum u
nd 2 Flaschen Wein aus von denen er eine dreiviertel Flasche Rum alleine inhalierte und obendrauf noch eine Flasche Wein geschüttet hat. Was dann passiert ist war nur anfangs lustig und endete mit einem am Boden liegenden Skandinavier, der keinen Schritt mehr laufen konnte und schlafend im Park zurückgelassen wurde. Unser Sensei - Japanerin durch und durch - war geschockt. Da ich vor Äonen ein halbes Jahr in Stockholm gelebt habe und mehrfach miterleben konnte, dass es eine ganze Stadt schafft, am Wochenende komplett volltrunken zu sein, war ich weitaus weniger beeindruckt.

Aber es gab auch nüchterne Schönheiten :)














Die Damenfraktion














2 furchtbar sympathische Exzentriker :)

Hier das Abschluss-Klassenfoto (Irland war leider schon weg):

Einige werde ich wirklich vermissen... einige weiterhin sehen und Bogey-Man... na ja... da lasse ich meinen Verdrängungsmechanismus walten...

Wednesday, March 28, 2007

Hanami

Was dem Deutschen seine rote Wurscht auf einem Maibockfest und dem Ami sein Weihnachten mit Fat Santa Claus ist dem Japaner sein "Hanami", sprich, die alljährliche Kirschblütenschau. Diese zieht Millionen in die zahlreichen Parks und es werden im Fernsehen und im Internet sogar spezielle "Kirschblüten-Voraussagen" im Stil der Wetterfee gebracht.

Im Sprachkurs ist ein großer Bestandteil der ersten Lektionen auch statt "Wo ist denn hier bitte die Toilette" oder "Ich habe Hunger": "Kirschblütenschau", "volle Blüte", "Vinyl-Decke", "Knospe" und "blühen"...

Sobald die Knospen sich öffnen, ist in den Parks die Hölle los. Jeder schnappt sich sein obligatorisches "Biniiiiru-Schiitooo" (Vinyl-Sheet, sprich, blaue Plastikdecke zum Picknicken) und zieht gen Blütenpracht gen Park. Am Wochenende zur Stosszeit passiert es in manchen Parks sogar, dass man Schlange stehen muss bis man einen Platz findet. Wollte man synchron zu den Blüten den Rasen bewundern, auf dem man sitzt, wäre das nicht möglich da eine blaue Decke an der anderen liegt... Das muss man wirklich mal gesehen haben... Quasi Biniiirooo-Schiitooo-Jam
ming...
Nachts werden an vielen Orten die Blüten beleuchtet... denn wenn man als Japaner am Tag effektive (ich habe gerade Lachtränen in den Augen) 12 Stunden Arbeit ableistet, ist es natürlich schon dunkel, wenn man die Firma verlässt.

Die Decken kann man im Park auch mieten, wenn man sie nicht wie ich für 105 Yen im Hundert-Yen-Shop unter den Arm klemmt. Und natürlich werden auf der Decke die Schuhe ausgezogen und wie am japanischen Hauseingang davor abgestellt.

Hier ein besonders scheenes Exemplar...



Die Kirschbäume sehen wunderschön aus... wirklich schön...


Aber irgendwie kann zumindest ich (Banause) den Trubel nicht ganz so nachvollziehen und vor allem nicht, was unter dem Deckmäntelchen "schöne Kirschblüte begutachten" so alles geschieht... letztendlich nennt man es neudeutsch "sich abartig zulaufen lassen"... "und das noch mehr als sonst am Feierabend"...

Aber jedem Volk seinen Fetisch - wir Deutschen stellen uns hässliche Zwerge in den Vorgarten, Japaner betrinken sich halt unterm Zierkirschbaum. Hauptsache, es macht Spass, wa?! :)

Tuesday, March 27, 2007

Taiko

Schon lange ein Auge drauf geworfen... bis heute noch nicht geschafft, einen Kurs zu finden, der auch alternde Gaijins aufnimmt...

Aber erst mal für die, die mit dem Begriff noch nichts anfangen können: Taiko bei Wikipedia oder Wikipedia Deutschland (leider nicht sehr ergiebig)

Kurz umrissen: Taiko ist eine jahrtausende alte Kunst des Trommelns.
Nicht zu verwechseln mit dem Trommeln bekiffter Ökos auf Bongos in Tübingen - nein... Taiko hat unglaublich viel Power, schafft eine unbeschreibliche Atmosphäre und ist für den Ausübenden nicht nur ein reines Musikinstrument, sondern richtig harte, körperliche Betätigung.


Eine der bekanntesten Truppen ist 2007 übrigens in Deutschland unterwegs. Unbedingt sehenswert!! Tour-Termine unter: Website Yamato

Dank einer lieben Bekannten (DANKE GRITA!!) kamen wir über eine Ihrer Kolleginnen an Tickets der Veranstaltung "Daisuki Maturi - Taiko Island" unter der Leitung Tomida Kazuaks, einem, so wie ich seine Webseite verstehe, Japaner, der sich voll und ganz Taiko verschrieben hat. Die Range der Künstler (oder soll ich eher sagen Sportler?!) bestand aus Amateuren und Profis. Gegen Ende trat auch noch eine Kindergruppe auf.
Es war ein echtes Erlebnis. Einmal optisch da die Bühnenshow mit Lichteffekten einfach was hermachte (obwohl ich sagen muss, dass schon die Trommeln selbst beeindruckend sind - von Mini in der Größe eines Kochtopfs bis hin zum übergroßen Ölfass) und dann natürlich die schweisstreibende Vorführung. Das Trommeln, das fast schon hypnotische Wirkung hat, zieht einen völlig in seinen Bann - die Freude und der Elan mit dem die Trommler am Werk sind, begeistern ebenfalls. Ich kann nur jedem empfehlen, sich das mal näher anzuschauen (YouTube bietet einige Videos)... bzw. sich am besten gleich mal um Tickets für eine Show zu kümmern...

Fotos folgen...

Und bis dahin gibts ein Beispiel aus YouTube...


Thursday, March 22, 2007

Held

Ganz ehrlich. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, aber ich habe es geschafft. Trotz meines äußerst desolaten Zustands, der mich während der schriftlichen Prüfung mitunter soweit brachte darüber nachzudenken wohin ich kotzen soll falls es demnächst dazu kommt: ich habe die Prüfung bestanden.
Und zudem bin ich auch noch die einzige aus meiner Klasse, die die schriftliche + die mündliche Prüfung auf Anhieb bestanden und somit die Fahrkarte ins nächste Semester in der Tasche hat. Und auch noch recht gut. Mir ist es ein Rätsel.

Aber ich freue mich ZIEMLICH und werde mir heute abend konstant selbst huldigen (während ich ins Buch des nächsten Semesters huste).

Tuesday, March 20, 2007

Oral, die zweite...

... trotz durch die Medikation hervorgerufene Konzentrationsstärke und Denkgeschwindigkeit einer hirntoten Schnecke, wurde heute verkündet, dass ich diese bestanden habe...
Normalerweise ist Hörverständnis bei bekannten Dialogen kein Problem, aber es gibt mir schon zu denken, dass ich statt "Was sagen deine Freunde und deine Familie zu Dir, wenn Sie Dich am Flughafen in Deutschland verabschieden?" ein "Wie nennen Dich Deine Freunde und Bekannten in Deutschland?" verstanden habe und mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck à la "was n das für ne bescheuerte Frage" mit "Fischaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa" geantwortet habe...

Man darf gespannt sein, was ich mit einem antibiotisch verursachten Blutdruck eines frisch ausgesaugten Vampiropfers in der schriftlichen vollbracht habe - wenn die unter gegebenen Umständen auch was geworden ist, finde ich, dass ich ein enormer Held bin :)

Saturday, March 17, 2007

Es gibt eine Steigerung...

...nachdem ich mir die letzten zwei Wochen einen abgehustet hatte und nicht riskieren wollte, dass irgendwann ein Lungenflügel lasziv zum Mundwinkel raushängt, hab ich mich dann doch nochmal zum o-isha-san (Onkel Doktor) aufgemacht.
Leider war diesmal nicht meine "Dolmetscherin" dabei - was das Ganze nicht nur unheimlich in die Länge zog (die anderen waren nach 5 - 10 Minuten fertig - ich nach 2 Stunden), sondern auch teilweise recht amüsant gestaltete da es in Japan beim Arzt hat Sitten gibt, die man nicht kennt und natürlich sofort falsch macht. So zum Beispiel das "Nachthemd" zum Röntgen - damit der Arzt beim Anblick europäischer Brüste nicht in Ohnmacht fällt - das ich falschrum angezogen hatte was die Arzthelferin - da sie ja höflich sein muss und mein alabastergleicher (hach ja...) Oberkörper für sie aus irgendwechen Gründen tabu ist - in große Bedrängnis brachte.
Beim Blutabnehmen muss ich Feigling ja immer weg schauen, weils mir sonst schlecht wird oder ich - noch besser - umklappe, aber just in dem Moment, als Sie meine Vene mit der Nadel durchbohrte, zeigte sie hin und redete jede Menge Japanisch - da
ich ja nicht wusste worums ging und ob sie eventuell grad am Ellenbogen wieder raus kommt, hab ich automatisch hingeschaut - DAS WAR DANN NICHT SO GUT ;)...

Auf alle Fälle dachten ja alle, das letzte Foto wäre der Klimax aller Rezeptausstellungen... aber nö: diesmal gabs wieder viel Buntes...

Man betrachte es und staune...














PS: Nein, ich habe auch weiterhin eine relativ hohe Lebenserwartung

PPS: Besonders lecker das Pulver in den Tütchen, das man sich in den Mund kippen muss - dann kämpft, um nicht sofort alles samt den letzten 15 Mahlzeiten mitten in den Raum zu ... hmm... erbrechen und dann mit Wasser hinunterspült...

Friday, March 16, 2007

Oral Examination...

... hört sich irgendwie besser an als "mündliche Prüfung"...
Zumindest für Männer... :D

Egal... machts nicht besser...

Wie erwartet war die Hose randvoll, aber ich bin tapfer hingegangen und habe in ca. 15 Minuten 30 Fragen und 1 kurzes Rollenspiel über mich ergehen lassen.
Damit man schlechter schlafen kann, erfährt man erst NACH der schriftlichen Prüfung am Montag ob man die nötigen 60% der mündlichen überhaupt geschafft hat (und es gibt wahrhaftig tausend Möglichkeiten, das nicht zu tun: falsche Partikel, falsche Zeit, falsches Wort, die Bitte um Wiederholung gibt Abzug, redet man zu langsam, gibts Abzug, denkt man vor der Antwort zu lang nach gibts Abzug, hatte die Lehrerin kurz davor Streit mit ihrem Mann, gibts Abzug,...).
Es kann also sein, man nimmt am montäglichen Horrorszenario umsonst teil.

Das Gespräch wurde zum Zwecke der Evaluierung aufgenommen - und die Lehrerin wird ihre wahre Freude beim Abspielen haben, wenn sie meinen Reizhusten nochmal in voller Länge geniessen darf... (zumindest muss sie nicht nochmal sehen, wie meine Pupillen beim Nachdenken über die korrekte Zeit beim Wiedergeben von einem Erfahrungsbericht irgendwo hinter der Stirn verschwinden. Ich habe das Gefühl, dass ich in solchen Momenten U-N-G-L-A-U-B-L-I-C-H intelligent und vor allem extrem attraktiv aussehe).

Ich denke, dass ich die 60% rein theoretisch erreicht haben sollte - ich kann nur hoffen, ihr Mann geht ihr heute Abend beim Analysieren der Aufnahme im Falle eines knappen Ergebnisses nicht auf die Nüsse...

Thursday, March 15, 2007

Individuen

Als absoluter Prüfungs(verzeihung)schisser angesichts der morgigen mündlichen und montägigen schriftlichen Prüfung bis über beide Ohren in Büchern und Nintendo-Kanji-Trainern steckend, habe ich die letzten 3 Montae Revue passieren lassen und bin gedanklich nochmal alle Mitschüler durchgegangen.

Da ich dabei laut lachen musste (bei den Episoden, die mir durch den Kopp gingen, kein Wunder), dachte ich mir, ich nehme mir doch kurz die Zeit und beschreibe mal kurz ein paar davon in Stichworten wer sich das alles noch angetan hat.

Ich werde nämlich immer gefragt wer denn so in meinem Semester sei - das seien ja bestimmt alles bidere Studenten...

Von wegen:

1) der Schwede: 20 Jahre alt, ist ein Jahr in Japan, weil er Manga-Zeichner werden will. Eine Mischung aus Punk und Waver, der ständig (!) schwarze Plüschohrenschützer trägt, sich primär von Bier ernährt da das hier so billig sei (für Schweden schon... dat stimmt), immer mit Stift im Mund spricht und den ganzen Unterricht über die abgefahrensten Bilder auf seinen Schulunterlagen entstehen lässt.
2) die Russin: Mitte 20, kommt ursprünglich aus einem bekannten Zirkus in Moskau und kam eigentlich nur nach Tokio, um der Hochzeit ihrer Schwester beizuwohnen, die einen Japaner geheiratet hat (!?!?!). In den 2 Wochen hat sie zufällig ihren jetzigen Mann, der eigentlich Portugiese, aber doch Amerikaner ist, kennengelernt, sich spontan verknallt, bei Papa im Zirkus gekündigt und lebt jetzt in Tokio. Sie hat bis heute - da wir ungefähr schon 150 Kanjis gelernt haben - es standhaft geschafft, nicht Hiragana und Katakana lesen zu können. Japanisch sprechen, kann sie aber fliessend.
3) die Polin: Anfang 20 - ist nur 3 Monate in Tokio, lebt so lange in einem Hotel und geht so lange auf die Schule - sieht also nichts von der Metropole ausser einem roten und einem pinkfarbenen Buch. Auf die Frage "wozu" - da sie mit Japanisch beruflich nichts am Hut haben will / wird kam die Antwort "ich geh gern zur Schule". Na jut :)
4) der Italiener: praktizierender Buddhist, der im Unterricht die Grammatik missbraucht um zu erzählen, wann er zum Beten aufsteht und was hinter seiner Vereinigung steckt. Macht er einen Fehler, schlägt er sich mit der Hand auf den Kopf und schreit "STUPIDO". Ansonsten hängt er sich gerne den Faden von der Jalousie and Ohr oder wickelt ihn um den Kopf und macht komische Sachen mit seinem ferrari-roten Handy.
5) der Inder: ein pfurztrockener Typ, der mit seinem Bruder zwei Firmen in Japan eröffnet hat und jetzt schnellstmöglich Japanisch lernen muss um seine Kosmetika und Gewürze an den Mann zu bringen (was er allerdings schon mächtig tut). Er schläft quasi nie, geht nachmittags zur Schule, arbeitet frühmorgens und nachts und gibt offen zu, Bollywood-Filme anzuschauen (AAAAAAAAAAHHHHHHHHH). Er heisst mittlerweile Fiction-san da er auf die bohrenden Fragen der Lehrer mit bierernstem Gesichtsausdruck unglaubliche Fiction-Antworten gibt, die diese immer für bare Münze nehmen und kreischen... "Wo wohnst du?" - "In XY" - "Bist du verheiratet?" - "Ja" - "Wohnt sie auch hier in Japan" - "Nein, ich habe sie in Indien gelassen - hier wohne ich mit meiner japanischen Freundin zusammen, die ich in Roppongi aufgegabelt hab" - "HONTOOOOOOOOOO??? (WIRKLICH??)" - "Klar."

na ja... und die Deutsche halt...
und noch ein paar und natürlich mein Freund aus Philadelphia dessen Nasenlöcher nie leer zu werden scheinen und dessen Fingernagel-Kau-Technik immer wieder aufs neue verwundert...

Um es auf den Punkt zu bringen: ein ziemlich sympathischer und interessanter Haufen...

Monday, March 12, 2007

Maennersachen

Was macht man in Japan am Wochenende? Was macht Mann in Japan am Wochenende??
Der Leser, der unsere Entwicklung bereits seit Juni verfolgt mag jetzt sagen: Akihabara - Yodobashi, Geld ausgeben und Maennersachen kaufen.

Es stimmt, das ist eine sehr verlockende Freizeitbeschaeftigung. Allerdings bin ich zu lange in Japan, als dass ich:

1. dieses Hobby ueber 9 Monate finanzieren koennte
2. die Hersteller der Elektroartikel so kreativ sein koennen, als dass Sie mich jedes WE aufs neue ueberraschen koennten
3. meine Frau da mitspielt
4. ich zu einem Akiboy werden moechte (Akiboy = Jungs, die 2 Sachen in Ihrem Leben machen: Video spielen und in Akihabara einkaufen. Frauen kennen Sie nur aus Mangas oder Zeitschriften. Kommunikation der verbalen Art ist Ihnen fremd. Aki steht fuer Akihabara :-))

Ich waere aber kein echter Mann, wuerde mir nicht eine neue Beschaeftigung einfallen. Und da es in meiner Nachbarschaft Maenner gibt, die ebenfalls genug des Hormons Testosteron in sich haben, wurde ich am Samstag in die neue Welt der Maennlichkeit eingefuehrt:

Mini Racer sind ferngesteuerte Fahrzeuge, die es fuer wirklich ertraegliches Geld in - na wo schon - Akihabara zu kaufen gibt. Maechtig Leistung, echte Tuningteile, unendlich viele Karosserien und ertraegliche Ersatzteilkosten (das kommt dem ungeuebten Fahrer sehr entgegen). Genau deshalb ist dieses Hobby fuer einen Mann wie mich geschaffen. Samstag morgen war es also so weit und mein netter Nachbar Herr Eesmann (das Deutscheste was man sich nur vorstellen kann: blond, blauaeugig und gross) hat mich mit seinem Racer mit auf die Rennstrecke genommen. Ein Feeling wie auf der Kartbahn. Da wird geschraubt, getunt, verbessert. Die Aufenthaltszeit in der Box ist deutlich groesser als die auf der Rennstrecke und jeder gibt sein Bestes um den Eindruck zu erwecken, man sei absoluter Fachmann. Da wird am Fahrwerk verbessert, ueber die richtige Servolenkung gesprochen, Kleber auf die Reifen aufgebracht um den Grip zu verbessern, das Fahrwerk verstellt, ein neuer Motor eingebaut, ueber die richtige Reifenmischung geredet und ja, sogar die Reifen warmgefahren (gesehen bei einem Formel1 Flitzer, der erst ein paar Kreisel gedreht hat, bevor es losging)!! Wenn die Stars der Rennstrecke zur Jungfernfahrt antreten staunen alle und man bekommt ein :"Lis car is vely fast" ins Ohr gehaucht.

Natuerlich wollten und konnten auch wir uns keine Bloesse geben und haben schnell verstanden, auf welche Punkte es hier ankommt:

1. Sehr wichtig am Fahrzeug rumschrauben
2. Das Fahrzeug nicht zu lange bewegen, denn dann faellt es auf, dass man langsam ist
3. Beim Fahren einen sehr angespannten Gesichtsausdruck machen - siehe Bild 1












4. Regelmaessig mit vollem Tempo in die Barriere rauschen, denn nur wer einen Schaden am Fahrzeug verursacht hat war auch wirklich am physikalischen Limit
5. Immer wieder mit dem Nachbarn ueber die richtige Strategie philosophieren
6. Steif und fest behaupten, man sei auch noch nach 4 Stunden beim Reifenwarmfahren
7. Viele englische Ausdruecke verwenden wie z.B. Power (jap. Pawa), Grip (jap. Guripu), Slip (jap. Sulipu), turn in (jap. taan in), drive train (jap. doraifu torain)
8. die richtigen Fotos schiessen

Punkt 8 ist der schwierigste Punkt. Denn es muss einem gelingen, das eigene und damit das langsamste Fahrzeug so ins Bild zu ruecken, dass es ausieht, als wuerden alle anderen es behindern. Dazu muss man in dem Moment abdruecken, wenn das eigene Fahrzeug ueberholt wurde. Aber nicht zu spaet, sondern genau dann, wenn es so aussieht, als wuerde man selbst zum Ueberholen ansetzen - dank meiner neuen Fotoausruestung ist mir das gut gelungen :-)) - siehe Bild 2 (rotes Auto = unser Auto)













Wichtig sind auch noch Bilder mit Kampfspuren am Fahrzeug - Bild 3. Die muessen natuerlich vorne sein, so dass man behaupten kann,man haette nicht mehr bremsen koennen, als die langsamen Gegner urploetzlich im Weg standen. Dass die Kratzer von der Streckenbegrenzung kommen, in die man reingerauscht ist, weil man viel zu spaet gelenkt hat, muss ja nemand wissen.












Ganz am Schluss, wenn man auch noch vom letzten Schleicher ueberholt wird, faehrt man an die Box, schuettelt unglaeubig mit dem Kopf, sagt in bestem Japanisch zuerst "Scheissakku" dann "Sayonara" und geht nach Hause. Ein perfekter Tag und ein neues Hobby fur mich.

MR

Thursday, March 08, 2007

Hochs, Tiefs und langsame Menschen

Wenn man hierher zieht, wird einem ja prophezeit, dass man nach spätestens einem halben Jahr eine Japaner-Hass-Phase durchläuft, die sich nach mehr oder weniger kurzer Zeit wieder in Luft auflöst und man dann viel mehr schöne Dinge registrieren kann.

Kann ja sein...

ABER...

Als ich heute Mittag auf dem Weg durch Shibuya einen Schleicher neben dem anderen Schlurfer hatte, war ich doch recht froh, meine Kalaschnikow und meine Machete ausversehen daheim vergessen zu haben...
Ich hab es ja schon mehrfach erwähnt, aber du wirst hier echt wahnsinnig, wenn du versuchst, eine Strasse in einem gleichmässigen Tempo entlang zu laufen.

Ich glaube, der Leser kann mittels bloßen Buchstaben gar nicht nachvollziehen wovon ich schreibe... Stellt euch einfach vor, ihr habt eine randvolle (ich meine die Art von randvoll, die fast schon schmerzhaft ist) Blase, die Toilette ist nur 20 Meter entfernt und auf dem Weg dorthin, müsst ihr durch einen Gang, der so eng ist, dass man nicht nebeneinander her gehen kann. Tja... und VOR dir läuft (verzeihung: schlurft) ein 1,50 m grosses Mädchen (das rein anatomisch gesehen dazu in der Lage wäre, normal zu laufen) in der Geschwindigkeit einer schnelleren Schildkröte. Und sie merkt zwar, dass jemand hinter ihr läuft, ignoriert das aber auf die ganz besondere japanische Art und Weise, holt erst mal ihr Mobiltelefon raus damit sie ihren Blick irgendwohin heften und Augenkontakt vermeiden kann und fängt synchron zum schlurfenden SÜSSEN Watscheln auch noch an, Solitär auf dem Handy zu spielen.

NA?!

WOZU HÄTTET IHR DA LUST?!

Tuesday, March 06, 2007

Vice President for traffic coordination and parking slot distribution

Was unterscheidet einen erfahrenen Parkwaechter von einem Anfaenger?? Einen "senior vice president for traffic coordination and parking slot distribution" von einem gewoehnlichen "Parkplatzwaechter??".
Das ist einfach. Es ist die absolute Kompetenz, jede auch noch so kleine Gefahr rechtzeitig zu erkennen und geschickt abzuwehren. Das mag dem Leser jetzt vielleicht uebertrieben erscheinen, es wird aber auch dem letzten Zweifler klar werden, wenn er die hoechst verantwortungsvolle Aufgabenliste gelesen hat:

1. Kunden, die auf den Kundenparkplatz fahren wollen, kompetent einweisen
2. Parkluecke zuweisen
3. Parkzettel handschriftlich ausstellen
4. Kunden, die den Kundenparkplatz verlassen wollen, kompetent in den fliessenden Verkehr einweisen
5. Darauf achten, dass keine Fussgaenger angefahren werden
6. Darauf achten, dass keine Hunde angefahren werden
7. Darauf achten, dass keine Katzen angefahren werden
8. Bei hohem Verkehrsaufkommen den Ueberblick bewahren
9. Auch bei Regen wuerdevoll die Aufgabe erfuellen
10. Den Eindruck erwecken, als ginge es ohne Einweiser nicht

In einer Stadt wie Tokyo ist es unmoeglich, dem simplen, vielleicht unfaehigen Fahrer eines PKWs auch nur die kleinste Verantwortung selbst zu ueberlassen. Schlimm genug, dass dieser Mensch ohne Fahrlehrer und ohne Ueberwachungspersonal von seiner Wohnung bis zum Einkaufscenter gefahren ist. Niemand, der ihm gesagt hat, dass er an der Ampel als Linksabbieger bei gruen trotzdem auf den Gegenverkehr achten muss. Niemand, der ihm gesagt hat, dass er beim Fahrspurwechsel darauf achten muss, dass er niemanden, der ihn gerade ueberholen will abdraengt. Beinahe fahrlaessig, dass man all diese Verantwortung einem einzigen Individuum ueberlaesst. Kein Spezialist fuer Linksabbiegevorgaenge sitzt im Fahrzeug, kein Fachmann fuer Fahrspurwechsel. Reines Glueck, wenn der Fahrer das Einkaufszentrum unbeschadet erreicht. Genau dieses Glueck moechte man bei unserem Haussupermarkt "Marusho" nicht laenger herausfordern. Und genau deshalb wurden keine Kosten gescheut und unser "Vice President for traffic coordination and parking slot distribution" nach monatelangem Berwerbungsverfahren sorgfaeltig ausgewaehlt. Nun steht er hier, jeden Tag und arbeitet fehlerfrei seine Aufgabenliste ab. Jeden Tag, bei Regen und Schnee, bei Sonnenschein und Hitze. Kein Risiko wird beim Fahrer belassen - Fussgaenger muessen sich nicht mehr laenger fuerchten, denn dieser Mann strotzt geradezu vor Selbstsicherheit durch Fachkompetenz.

Aber was macht diese Kompetenz aus? Warum tut es da nicht ein juengerer Kollege, der vielleicht nur die Haelfte verdient? Betrachtet man das Bild unten (Der Leser wird verstehen, dass ich - zum Schutz vor Headhuntern - nicht den VPFTCPD persoenlich ablichten konnte. Vielmehr handelt es sich um einen anderen erfahrenen Lerhmeister des Fachs, der ebenfalls den schwarzen Guertel im Parkplatzeinweisen traegt), wird einem sofort klar, dass es der staehlerne Blick ist, der Ehrfurcht und Respekt verschafft (zum Vergleich betrachte man den jungen Parkplatzwaechter im Hintergrund). Dieser Blick und diese Koerperhaltung sind es, die jeden Verkehrsteilnehmer zu einer Vollbremsung zwingen, wenn der VPFTCPD die Fahrbahn betritt um wieder einmal einem Kunden den Weg in den fliessenden Verkehr zu zeigen. Die laessige Handbewegung mit gestrecktem Zeigefinger, der eine Armbewegung von der Brust in die gestreckte Armposition in Fahrtrichtung folgt ist nur noch Routine. Jedem wird sofort klar, wer hier das Sagen hat. Die Leuchtkeule braucht der erfahrene VPFTCPD eigentlich gar nicht, wenngleich er sie immer dabei hat.





















Ach uebrigens: um 20:00 Uhr hat der VPFTCPD Feierabend. Der Parkplatz wird nicht geschlossen, sondern hochfrequentiert weiterbenutzt. Wie das bloss funktionieren soll??

MR

Sunday, March 04, 2007

Flora und (vor allem Fauna), die x-te

In Deutschland ist man ja automatisch asozial, wenn man Kakerlaken in der Wohnung hat - in Japan hingegen zählt man - hat man nicht mindestens mal eine an sich vorbeirennen sehen - schon eher zu den Außenseitern...
Zumindest ich kenne niemand, der nicht schon mal einen der vielen Widerlinge im Haus hatte... Sei es die Kakerlake, die sich windende Mukade oder eine Ameisenfarm...

In jedem Super-, Drogerie- und Baumarkt gibt es zu zum Zwecke der Vernichtung so allerhand Dosen, Pülverchen und Sprays.

Ich habe mir für unsere ganz persönlichen Besucher eine ganz furchtbar schnuffige Variante zugelegt...

Man beachte die liebevolle Dekoration der TODESFALLE:
Kätzchen + Hahn auf dem Dach, gepflegter Vorgarten und eine glückliche Kakerlake, die gerade das Fenster zum Lüften im Wohnzimmer öffnet.



Dazu fällt mir spontan eigentlich nur noch ein Lied ein, das ich irgendwann mal auswendig lernen musste...

La cucaracha, la cucaracha,

Ya no puede caminar;
Porque no tiene, porque le falta
Marijuana que fumar.

Ya murio la cucaracha,
Ya la llevan a enterrar,
Entre cuatro zopilotes
Y un raton de sacristan.

... la la laaaaaaa

free web page hit counter